Jahresbericht 2021



2019 war für die IG ein ereignisreiches und auch ein erfolgreiches Jahr.

Das Jubiläumsjahr 2021 - 50 Jahre Frauenstimmrecht - war geprägt von vielen, spannenden Möglichkeiten sich mit dem Thema Frauengeschichte auseinanderzusetzen. Deshalb und auch weil die Coronaregeln immer wieder wechselten, wollten wir keine eigene Veranstaltung planen. Wir nahmen jedoch die Möglichkeiten wahr uns durch die Teilnahme an Veranstaltungen zu vernetzen und kreierten den ersten Frauenmuseumskoffer.

Diese Schritte sind an 9 Vorstandssitzungen geplant und entwickelt worden. Fünf Sitzungen führten wir real durch und vier per Zoom.

Als Erstes konnten wir im Januar 2021 die im 2020 auf unser 10-jähriges Bestehen hin entstandene Broschüre «Einmischen und Sichtbarmachen - Resultate und Visionen» versenden.  Die Rückmeldungen waren sehr positiv bis begeistert.  Es ist uns damit gelungen, unser Projekt und die damit verbundene vielfältige und vielseitige Arbeit und unsere Anliegen attraktiv zu präsentieren.

Als nächstes gaben wir ein Projekt zum Thema Sammeln mit weiblichem Blick, als Projekt bei Jubilanno bzw. der Alliance F ein. Wir erhielten im zweiten Anlauf die Zusage von CHF 5’000.-. Der Kanton St. Gallen, bei dem wir ebenfalls ein Gesuch eingaben, versprach CHF 2'000.-.

Im Projektbeschrieb steht dazu:  Mit den gesammelten Objekten machen wir bewusst, was «geschlechtergerechtes Sammeln» oder «Sammeln mit feministischem Blick» bedeuten kann, damit Frauen in der Erinnerungs- und Gedächtniskultur der Schweiz angemessen vertreten sind. Sowohl KuratorInnen als auch das Publikum werden sensibilisiert, materielle Kultur, Artefakte von Frauen aus Alltag und aus spezifisch weiblichen Lebenszusammenhängen rückwirkend zu suchen (proaktiv sammeln) oder bei zukünftigen Schenkungsangeboten nach anderen Kriterien zu bewerten. Auch SchülerInnen erfahren Inhaltliches zu Meilensteinen von Frauen- und Geschlechtergeschichte.

Aufgrund dieser blinden Flecken stellt die «IG Frau und Museum» eine eigene Sammlung in einem tragbaren Museumskoffer zusammen. Die Exponate, mit Witz, Charme und Ironie auf dem eigenen Estrich gefunden oder in Brockenhäusern gekauft, stehen alle in engem Zusammenhang mit der Geschichte der Frauenstimmrechts-Bewegungen. Mit diesem Projekt «Frau und Museum auf kleinstem Raum» möchten wir auf eine kulturpolitische Lücke aufmerksam machen.  Auf der schweizerischen Ebene fehlt ein Sammlungskonzept für von Frauen geschaffenem materiellem und immateriellem Kulturgut. Darauf haben wir im Laufe des Jahres das Bundesamt für Kultur aufmerksam gemacht. Noch ist die Rückmeldung nicht zufriedenstellend, doch wir bleiben dran.

Unsere Sammlung jedoch nahm Gestalt an: Mit Tanja Gentina, Szenografin aus Zürich entwickelten wir ein geeignetes mobiles Ausstellungmodell. Es wurde von Rundumholz (Christa Kundert und Eliane Vernier) angefertigt. Ende Jahr konnte ich den Schlussbericht und die Schlussabrechnung an Alliance F eingeben und demnächst wird auch der Kanton St. Gallen diese Unterlagen erhalten. Im nächsten Traktandum stellen wir euch das Ergebnis gerne vor.

Im Sommer - genauer am 9. Juni 2021 - stimmte der Nationalrat über die Motion von Frau Marianne Streiff: <Die Geschichte der Frauen in der Schweiz soll sichtbar werden - in einem nationalen Frauenmuseum> ab. Wir hatten, aufmerksam gemacht von den Mitarbeiterinnen der EVP, einen Brief an die NationalrätInnen versandt. Darin beschrieben wir das Anliegen und baten um Zustimmung, ein Konzept zu erstellen. Sie liessen sich überzeugen und stimmten Ja. Es war zwar kein überwältigendes Ja, 94 zu 81 Stimmen, doch damit müsse man in der Politik leben, sagen mir erfahrene Politikerinnen. Nun steht noch die Zustimmung der StänderätInnen an. Die an sie etwas anders formulierten Briefe, weil ihre Aufgabe im Parlament etwas anders ist, sind vorbereitet. Es geht darum, sie als VertreterInnen der Kantone vom Projekt eines Konzepts zu überzeugen. Ich warte auf den Bescheid, dass das Geschäft traktandiert ist, um die Briefe zu versenden.

Der Schattenbericht für die CEDAW (Convention on the Elimination of all forms of Discrimination against Women. Ebenfalls auf der kulturpolitischen Ebene wirkten wir bei der Erstellung des Schattenberichts für die CEDAW mit. Dieser alle 4 Jahre zu erstellende Bericht gibt Rechenschaft, wo es noch an der Umsetzung der Forderung nach Beendigung jeglicher Diskriminierung von Frauen mangelt. In diesem Jahr war ein Schattenbericht fällig. Die IG hat sich beim Thema:  Stereotype Frauenbilder mit der folgenden Eingabe beteiligt:
Culture & History
Switzerland´s patriarchal ideas of gender roles are preserved, maintained, and passed on in historical and cultural documentation, museums, and monuments. System approved gender specific ideas and images are still used in all kinds of media, commercials, and teaching material. 
Also, women who did not live the societal norm are often not documented for the true impact they had on their culture. Dazu formulierten wir die folgenden Fragen:
- What is Switzerland doing to oblige historical institutions for documentations that illustrate women and their impact on cultural heritage and history?
- Hat der Bundesrat das in der Motion 19.3627 durch Marianne Streiff geforderte, detaillierte Konzept für ein Nationales Frauenmuseum in Auftrag gegeben?

Das Jubiläumsjahr war auch ein Jahr von grossartigen Jubiläumsevents und Ausstellungen.
Wir haben den Verein 2021 mitgegründet
, so wurden wir regelmässig darüber informiert, was geplant ist. Klar, dass wir auch über unsere Broschüre berichten konnten.   
Im August veröffentlichten wir auf unserer Webseite eine Liste mit Events zum Jubiläumsjahr.  

Sabine August und ich besuchten am 19.6.2021 die Ausstellung GESCHLECHT im Stapferhaus, Lenzburg. Sie liess KuratorInnenherzen höherschlagen, war sehr spannend und so war es auch «vergnüglich» sich mit «Geschlechterfragen» auseinanderzusetzen. Dies gerade auch als Zeitzeuginnen aus zwei verschiedenen Generationen.

Ich besuchte neben den Frauenstimmrechtsausstellungen in Bern und Zürich auch die vom Archiv für Frauen Geschlechter und Sozialarchiv der Ostschweiz gestaltete Ausstellung «Klug und kühn» und nahm am Festakt teil. Die Ausstellung ist reichhaltig, die Ereignisse sehr gut dokumentiert
und übersichtlich dargestellt. Der Festakt war ein Highlight, prominent besetzt mit Politprominenz: so lauteten die Begrüssungen jeweils: «sehr geehrte Frau Bundessrätin Karin Keller Suter, sehr geehrte Frau Regierungsrätin Laura Bucher, sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin Maria Pappa, sehr geehrte Frau Bürgerratspräsidentin Katrin Meier und liebe Zeitzeuginnen und Heldinnen des Alltags» wie Maria Pappa es formulierte.

Doch es gab noch weitere Highlights. Ich erhielt eine Einladung an die 1. Augustfeier auf dem Rütli.
DER Treffpunkt der Zeitzeuginnen der Schweizerfrauengeschichte der letzten 50 Jahre.

Das Gespräch mit Hortensia von Rothen im Textilmuseum St. Gallen zur Ausstellung Frauen – Macht – Mode gehörte ebenso zu den schönsten Momenten in diesem Jahr wie auch die Möglichkeit an der Ringvorlesung an der HSG mitzuwirken. Mit Heidi Witzig als Referentin durfte ich eine Führung durch St. Gallen mit Blick auf die in St. Gallen dargestellten Frauen mitgestalten. Wir nahmen unsere im Jahre 2012 entwickelte Führung «Denkmal über Denkmäler» als Vorlage. Die Veranstaltungen der Vorlesungsreihe: 50 Jahre Frauenstimmrecht – St. Galler Perspektiven wurden in einem Film zusammengefasst.  Der Link dazu wird auch auf der Webseite unter Aktivitäten eingetragen: https://hsg.events/oeffentlichevorlesungen/50jahrefrauenstimmrecht/

Frauenmuseumskonferenz in Hittisau


Ende August fand in Hittisau die Konferenz der Frauenmuseen weltweit statt. Da die Coronaregeln sehr strikt waren und ich noch nicht vollständig geimpft war, nahm ich nur an einem Tag live teil. Es war ein Treffen mit «alten Bekannten». Viele kenne ich schon seit der 1. Konferenz in Meran, sie sind natürlich alle gespannt auf die weiteren Entwicklungen in der Schweiz.  Eine Begegnung mit Marianne Wimmer, die in den Frauenmuseen in der Welt unterwegs ist und darüber ein Buch schreiben möchte, ermöglichte mir, sie auch zu uns in die Schweiz einzuladen.

Anfragen aus der Wissenschaft
Die prominente Präsenz der Frauenthemen ergab auch zwei Anfragen aus Universitäten.
Dominique Lysser von der Universität Freiburg fragte nach unserem Projekt. Sie arbeitet an ihrer Dissertation mit dem Titel: «Poetics and Politics - feministische Interventionen an Schweizer Museen».

Frau Dr. Corinne Schweizer – Oberassistentin am Institut für Kommunikationswissenschaft
erbat Informationen zu unserem «medienpolitischen Aktivismus». Es ging um unsere Beteiligungen an medienpolitischen Vernehmlassungen (Konzessionsvertrag Radio und Fernsehen) und auch um unsere Beschwerden in Sachen nicht sachgerecht dargestellter Frauenrealitäten im Schweizer Fernsehen. Auch die Teilnahme am CEDAW Schattenbericht war Thema.

Veränderungen im Vorstand
Da 2 von 5 Vorstandsmitgliedern ihren Rücktritt ankündigten, mussten wir uns überlegen wie die Sitze neu besetzt werden sollten. Dies ist im Moment schwierig, da die Motion im Ständerat noch nicht «durch» ist. Deshalb ist ja auch ungewiss, welche Kompetenzen die «neuen» Vorstandsfrauen mitbringen sollten.

Eine Begegnung mit Regina Kühne und deren Interesse an unserer Arbeit half weiter. Sie bringt all das mit, was es im Moment braucht um den einen Sitz zu besetzen. Den zweiten Platz möchten wir besetzen, wenn klar ist wie sich die IG nach der Abstimmung neu positionieren kann.

Ich hoffe, dass Ihnen dieser Überblick einen guten Einblick in unsere Arbeit und unsere Erfolge gegeben hat und Sie mit Freude auf die nächsten Schritte und Ergebnisse warten.   


Martha Beéry-Artho

Eggersriet im März 2022